Rota Blanck - Ohne Titel

Von Denise Steger
8.3.2015

                                      

Der „Kunstflur“ der Kreisverwaltung Neuwied gilt als Geheimtipp unter den Ausstellungsmöglichkeiten im nördlichen Rheinland-Pfalz, bietet er doch immer wieder wechselvolle Gelegenheiten, hervorragende Kunst zu entdecken. Zurzeit werden dort die Werke der 2011 plötzlich verstorbenen Rota Blanck präsentiert. Roswitha (Rota) Blanck gehörte zu jener Künstlerinnengeneration, die eine Karriere in der Öffentlichkeit zugunsten ihrer familiären Aufgaben zurückgestellt - und geradezu unbemerkt ein großes Oeuvre hinterlassen hat. Es reicht von meisterhaften bildhauerischen Arbeiten über Keramik und Collagen bis zu feinsten Zeichnungen. Ihre Tochter, Linna Treuheit, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk ihrer Mutter zu pflegen und zu präsentieren, um ihm jene Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die es verdient.

"Ohne Titel“ ist die Neuwieder Ausstellung überschrieben, denn kaum eines der Werke von Rota Blanck trägt dort einen Titel; die Bilder und Skulpturen verweisen auf sich selbst, sie sind genau das, was man sieht. Bestechend schön, die zarten, an florale Gebilde und Landschaften erinnernden Zeichnungen und Gemälde aus dem Spätwerk, auf handgeschöpftem Papier, auf Seide, der Bildgrund mit der Linienführung verwoben… Die zarten Farben, die die Malerin gekonnt einfließen lässt, vermitteln einen Hauch von Wärme, Frühling und schwebender Leichtigkeit.

                           

Ohne Titel, Mischtechnik auf handgeschöpftem Papier, 77 x 56 cm
Ohne Titel, Mischtechnik mit Papier auf Leinwand, 100 x 80 cm

Substanzieller und fester gefügt wirken dagegen Collagen aus Holz und Keramik, kombiniert mit Malerei. Das Spannungsverhältnis des unterschiedlichen Materials findet hier eine harmonische Symbiose, um dennoch den spezifischen Charakter im Miteinander nicht zu verlieren.

              

Ohne Titel, Mischtechnik mit Keramik und Acryl auf Holz, 30 x 30 cm
Ohne Titel, Mischtechnik mit Keramik auf Holz, 30 x 30 cm

Arbeiten mit den unterschiedlichsten Materialen und deren Kombination verweisen auf den Lebensweg von Rota Blanck, deren künstlerische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Strömungen in der Kunst des 20. Jahrhunderts prägend war: Geboren 1940 in Wolfenbüttel als Tochter des Architekten Eberhard Blanck (1907-1987) und ab 1954 in Kleve zuhause, hegt sie nach der Mittleren Reife den Wunsch, Musterzeichnerin zu werden und besucht ab 1959 die Klasse für Druckgestaltung an der Textilingenieurschule in Krefeld, nachdem sie vorbereitend ein halbes Jahr Unterricht im Aquarellieren und Zeichnen genommen hat. Ihr großes Talent für Flächengestaltung äußert sich in den zahlreichen Musterentwürfen, die sie in jenen Jahren schuf.


Detail eines Ornamententwurfs „Grün“, um 1960, Deckfarbe, Wachskreide und Bleistift auf Papier (Katalog Rota Blanck, S. 8)

Ein Stipendium ermöglicht ihr 1961 eine zweimonatige Parisreise, während der in ihr der Wunsch wächst, Bildhauerin zu werden. Nachdem sie noch im gleichen Jahr ihre Ausbildung zur Musterzeichnerin mit Bravour abgeschlossen hat, nimmt sie eine Lehre bei dem Bildhauer Alfred Sabisch (1905-1986) in Kalkar auf. Sabisch beeinflusst mit seinem expressionistischen, teilweise neoklassizistischen  Stil die junge Schülerin und er vermittelt ihr einen großen Wissens- und Erfahrungsschatz im Umgang mit Kunst-am-Bau- Projekten und allen handwerklichen Belangen, selbst den Umgang mit sprödesten Materialien.
1963 nimmt Rota Blanck an der Berliner Hochschule für Bildende Künste ein Studium in der Bildhauerklasse von Paul Dierkes (1907-1968) auf, der ihre Werke im Spannungsfeld zwischen Figuration und Abstraktion und in der Auseinandersetzung mit verschiedenen Werkstoffen, insbesondere Holz, entscheidend prägt. Auch andere Bildhauer jener Zeit bildeten Orientierungshilfen, besondere Bewunderung galt der Professorin René Sintenis (1888-1965), die in jener Zeit als weibliche Bildhauerin noch eine Ausnahmeerscheinung war.

1964 heiratet Rota Blanck Werner Treuheit. Ihr Studium beendet sie 1967, nach dem Tod von Paul Dierkes und zieht zusammen mit ihrem Mann und der 1966 geborenen Tochter Linna nach Siegburg und 1969, nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, in den Westerwald. Ihr unentwegtes Schaffen wird von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. 1985, nach ihrer Scheidung, bezieht sie ein Haus in Asbach-Rauenhahn, ebenfalls im Westerwald gelegen, und baut sich hier mit der Schaffung eines keramischen Werkes, auch im Bereich angewandter Kunst, eine neue Existenz auf. In ihren freien Werken setzt sie auch hier auf die Kombination von Materialien insbesondere mit Holz, schätzt aber auch die Verbindung von besonders edlen Werkstoffen mit solchen des Alltags.

      

Der Schwimmer, 1990, Carrara-Marmor/ Holz bemalt, 52 x 100 x 25 cm (Katalog Rota Blanck, S. 28)
Das Schwarze Schaf, 1990, Basalt, Fliederholz und bemalte Dachlatten, 30 x 96 x 60 cm (Katalog Rota Blanck, S. 44)

In  Neuwied werden drei ihrer Skulpturen zwei davon aus Aluminium, und eine aus glattem, schimmerndem Zinkblech gezeigt, davon letztere in Kombination mit Elektrokabeln, die dem Betrachter viel Spielraum für Assoziationen lassen, wobei in der Regel die Figürlichkeit, wenn auch reduziert, in ihren Werken dominiert. Die Arbeiten in Weißblech und sonstigen Metallen geht auf den Einfluss des Bildhauers Otto Louis (Rudolf Müller) zurück, mit dem Rota Blanck seit 1989 befreundet ist und mit dem sie unter anderem im Jahr 2000 eine monumentale Auftragsarbeit „Gaia und Mithras“ aus Corten-Stahl in Kleve realisiert .

Ohne Titel, Zinkblech, Kabel (Stahlseil), 100 x 50 x 5 cm

Rota Blancks eindrucksvolles, von hoher Qualität sprechendes Werk ist von einer großen Vielfalt geprägt, einem ständigen Experimentieren, Suchen, Erproben - ein Weg zwischen Permanenz und Wandel, Ruhe und Bewegung, kraftvoller Lebensfreude und Tod. Die Natur war dabei ihr ständiger Begleiter. „Künstlerische Kreativität bedeutet für mich ein ständiges sich öffnen und einfließen und strömen lassen – die Einflüsse der Natur aufnehmen und bewusst machen.“

Die Ausstellung in der Kreisverwaltung Neuwied, Wilhelm-Leuschner -Straße 9, 56564 Neuwied, Tel. 02631 803 379, ist noch bis zum 10. Mai 2015 zu besichtigen.
Öffnungzeiten: Mo.-Fr. 8-12 Uhr, zusätzlich Di. und Do. 14-16 Uhr

Im Anschluss an die Ausstellung wird das Werk von Rota Blanck vom 1. – 18. Juni 2015 im Kurfürstlichen Gärtnerhaus Bonn, Beethovenplatz 1, 53111 Bonn gezeigt werden.
Öffnungszeiten: Di.-Sa. 14-18 Uhr, So. 11-14 Uhr.

Anlässlich einer Ausstellung im Städtischen Museum Kalkar 2014 erschien ein Katalog zu Leben und Werk von Rota Blanck, der über den Verein Rota Blanck e.V. oder während den Ausstellungen käuflich zu erwerben ist.

Weitere Informationen: www.rotablanck.de

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