Von Bernd Willscheid
4. Juni 2016
Mit dem Wiener Kongress 1815 wurde das Rheinland dem Königreich Preußen zugesprochen. Die Gebiete der Fürsten zu Wied in Neuwied und Dierdorf sowie ehemals kölnische, trierische und saynische Ämter und Ortschaften, die 1803 bzw. 1806 durch die Säkularisierung und die Mediatisierung an Nassau gefallen waren, wurden nun an Preußen abgetreten. Im Regierungsbezirk Koblenz kam es am 14. Mai 1816 zur Bildung der preußischen Landkreise, so auch des Landkreises Neuwied und des Landkreises Linz, der wiederum 1822 an Neuwied angegliedert wurde.
Das 200jährige Bestehen des Landkreises Neuwied ist der Anlass für eine Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen mit hiesigen Orts- und Landschaftsansichten. Beginnend mit der Zeit um 1800 über die Rheinromantik und die Jahrhundertwende, endet die Ausstellung mit Werken von Künstlern unserer Zeit, die sich unter anderem auch mit der Landschaftsmalerei beschäftigen.
Den Auftakt der Ausstellung bilden Zeichnungen aus dem frühen 19. Jahrhundert mit Ansichten von zu dieser Zeit politisch bedeutenden Städten im Landkreis: die ehemalig kurkölnische Stadt Linz am Rhein und die wiedische Residenzstadt Neuwied; hinzu kommt ein Blick auf den markanten Hammerstein, der im Mittelalter zeitweise die Reichsinsignien beherbergte. All diese Zeichnungen verweisen noch auf das Ancien Régime mit seiner Kleinstaaterei, die mit der Wende vom 18. ins 19. Jahrhundert ihr Ende fand.
Der Künstler dieser frühen Zeichnungen, Christian Georg Schütz der Jüngere (1758-1823), auch „der Vetter“ genannt, hatte zahlreiche Rheinreisen unternommen und zahlreiche Feder- und Tuschezeichnungen erstellt. Veröffentlicht wurden sie 1804 bis 1807 als Kupferstiche in dem Album „Voyage pittoresque sur le Rhin“, in einer deutschen Fassung mit dem Titel „Mahlerische Ansichten des Rheins von Mainz bis Düsseldorf“. Schütz‘ Rheinansichten wirkten nachhaltig auf die illustrierte Reiseliteratur der folgenden Jahrzehnte. Wenn auch noch unterschwellig der idealen Landschaftstradition des 18. Jahrhunderts verbunden, so entwickelte er dennoch einen Sinn für topographische Genauigkeit, was auf die weitere Entwicklung der Malerei bis zur Freiluftmalerei ab der Mitte des 19. Jahrhunderts hinweist.
Christian Georg Schütz, Felsen am Rhein bei Neuwied (Friedrichstein), 1803, Bleistift, Dieter Berninger-Stiftung der Stadt Neuwied, © Foto: Berninger-Stiftung
Sehen wir von Grafikern wie Matthäus Merian oder Charles Dupuis, die ihre Zeichnungen in früher Druckgrafik veröffentlichten, einmal ab, so sind Landschaftsmaler in der hiesigen Region vor 1800 kaum bekannt. Die politischen Ereignisse im Rheinland hatten ein Interesse an Kunst und künstlerischem Schaffen weitgehend verhindert: Es war schlicht kein Markt dafür vorhanden. Auch in der Zeit zwischen 1800 und 1815 wurde der Rhein wegen der napoleonischen Kriege kaum bereist. Dies änderte sich erst, als die Rheinlande 1815 an Preußen fielen. Vor allem in Düsseldorf, wo die preußische Regierung die alte Kunstakademie wieder aufleben ließ, wirkten vermehrt bildende Künstler. Die Düsseldorfer Kunstakademie bestimmte fortan die Malerei im Rheinland und weit darüber hinaus und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten deutschen Kunstzentren.
Unbekannter Künstler, Rheinlandschaft mit Hammerstein, Mitte 19. Jahrhundert, Aquarell, Privatbesitz,
© Foto: Wolfgang Thillmann
Ein weiteres, eher bescheideneres kulturelles Zentrum im Rheinland bildete die Stadt Koblenz. Dort wuchs eine Malergeneration heran, zu deren Größen Johann Baptist Bachta oder Johannes Jakob Diezler zählten: Künstler, die im Auftrag oder für den freien Markt romantische Stadt- und Landschaftsansichten fertigten, die auch in unserer Ausstellung vertreten sind.
Im neu gebildeten Landkreis Neuwied finden sich lediglich kleine „Kunstzentren“: Neuwied als Kreisstadt und Linz als Mittelzentrum im Landkreis. Die dort ansässigen Künstler, so die Neuwieder Maler Eduard Freudenberg, August Hermann Kloß und August Friedrich Siegert, betätigten sich eher als Portrait- und Genremaler. Einige von ihnen standen den „Nazarenern“, Vertretern einer romantisch-religiösen Kunstrichtung zu Beginn des 19. Jahrhunderts, nahe: so die aus Linz stammenden Künstler Joseph von Keller und Johann Martin Niederée. Landschaftsmaler waren sie alle nicht. Eine Ausnahme bildet hier der aus dem Neuwieder Fürstenhaus stammende Prinz Carl zu Wied. Wenn er sich ebenfalls vorwiegend dem Portrait widmete, so finden wir doch einige Landschaftsdarstellungen aus seiner Hand, in der Ausstellung die Wiedergabe eines Waldhauses bei Rockenfeld, das sein älterer Bruder, Fürst August zu Wied, während der Hirschbrunft bewohnte. Prinz Carl hielt sich mehrmals in Düsseldorf auf und stand mit den dortigen Künstlern und der Kunstakademie in enger Verbindung. Einige bedeutende Maler aus Düsseldorf – Carl Ferdinand Sohn und Carl Friedrich Lessing – waren mehrmals Gast im Neuwieder Schloss, wo sie dem Prinzen sozusagen „Nachhilfeunterricht“ in der Malerei gaben. Hieran erinnerte sich noch Carmen Sylva, die beiläufig erwähnte, dass Lessing dann auch in den wiedischen Wäldern auf die Jagd ging und zum Leidwesen des Prinzen Maximilian fast täglich einen Hirschen schoss. Dies war für den leidenschaftlichen, aber wohl öfter bewusst vorbeischießenden Jäger Maximilian empörend und sollte ihn zu der Äußerung veranlassen: „Wenn der letzte Hirsch geschossen ist, dann lege ich mich dazu!“
So wie Sohn und Lessing sich in Neuwied aufhielten und malten, so ist die Zahl der Künstler dann auch größer, die, meist von Düsseldorf oder Koblenz kommend, sich im Gebiet des Landkreises Neuwied aufhielten und dort arbeiteten. Genannt werden können hier wiederum Carl Friedrich Lessing, - der mit den Hirschen - der als Landschafts- und Historienmaler auf die Entwicklung der Düsseldorfer Kunstakademie wesentlichen Einfluss hatte, weiter Johannes Jakob Diezler und Johann Baptist Bachta aus Koblenz, aber auch eine Reihe der Rheinromantik verbundene skandinavische oder englische Künstler. Ein beliebtes Motiv für die Schüler der Düsseldorfer Akademie war der Blick auf Rheinbreitbach mit dem Siebengebirge im Hintergrund, den wir dreimal in der Ausstellung vertreten haben, einmal von Lessing sowie von dem Norweger Bernt Lund und dem Schweden Axel Nordgren.
Axel Nordgren, Rheinbreitbach und das Siebengebirge, um 1855/60, Öl auf Leinwand, Roentgen-Museum, Dauerleihgabe der Museums-Stiftung Krüger, © Foto: Wolfgang Thillmann
Neben zwei Aquarellen des englischen Malers Thomas Miles Richardson Junior mit Ansichten von Isenburg – zwei besondere Kostbarkeiten – finden wir auch Zeichnungen und Aquarelle mit hiesigen Ansichten von englischen Rheinreisenden, wie der Adeligen Sarah Grace Lushington, die mit Lord Byrons Ehefrau befreundet und mit dem Parlamentsabgeordneten Hon. Stephan Lushington verheiratet war, der sich im frühen 19. Jahrhundert gegen die Sklaverei und für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzte. 1821 passierte die Lady mit dem Schiff rheinabwärts Neuwied und zeichnete die damalige „Fliegende Brücke“ zwischen Neuwied und Weißenthurm, eine Art bewegliche Schiffbrücke.
Durch das bereits Ende des 18. Jahrhunderts wachsende Interesse am Mittelalter entstand, vor allem bei den Engländern und gespeist aus der Faszination am Phantastischen und Wilden, eine Vorliebe für unberührte Landschaften, für Burgen, Schlösser und Ruinen. Das Rheinland mit seinen pittoresken Burgruinen konnte diesem Bedürfnis vollkommen entsprechen und war geradezu prädestiniert für diese romantisierende Sicht von Landschaft. Der Rhein war nun nicht alleine mehr nur Reiseweg, um auf der „Grand Tour“ durch die Schweiz nach Italien zu gelangen, er selbst wurde als attraktives Reiseziel entdeckt. Es entstanden Reisebücher mit entsprechender Druckgrafik, aber auch Gemälde mit Landschafts- und Ortsdarstellungen waren beliebte Andenken an solche Reisen. Aus dem Landkreis Neuwied kennen wir vor allem Darstellungen der am Rhein gelegenen Städte und Ortschaften Neuwied, Leutesdorf, Hammerstein, Linz, Rheinbreitbach, aber auch von markanten Gebäuden wie Schloss Monrepos, die Ruine Friedrichstein, die Abtei Rommersdorf bei Neuwied oder Schloss Arenfels bei Bad Hönningen. Darstellungen letzterer wurden oft von ihren jeweiligen Besitzern in Auftrag gegeben. Die im Westerwald liegenden Regionen – vielleicht mit Ausnahme das Wiedtales, wo doch der eine oder andere Maler sein Motiv entdeckte, fanden in der Malerei und Grafik der damaligen Zeit eher selten Berücksichtigung.
Johann Jakob Diezler, Abtei Rommersdorf bei Mondlicht, um 1830, Öl auf Holz, Roentgen-Museum Neuwied, Dauerleihgabe der Abtei Rommersdorf-Stiftung, © Foto: Wolfgang Thillmann
Für das frühe 19. Jahrhundert kennen wir kaum einen Unterschied zwischen dem Kunstschaffen in den Städten oder in der Provinz. Im ausgehenden 19. und im frühen 20. Jahrhundert änderte sich dies, und es entwickelten sich in den großen Zentren Kunstrichtungen wie Impressionismus, Symbolismus, Jugendstil, Fauvismus, Expressionismus. Die provinziellen Regionen, so auch der Landkreis Neuwied, blieben eher einem gewissen Konservativismus verhaftet. Es galt das, was sich in den Zentren bereits bewährt und durchgesetzt hatte, somit eine Kunst, die gerade dadurch aber auch der Gefahr ausgesetzt war, schon zu ihrer Zeit bereits unmodern zu sein und bald wieder vergessen zu werden.
Fritz von Wille (1860-1941), der bekannte „Eifelmaler“, bildet hier vielleicht eine Ausnahme. Zumindest ist ihm heute eine ständige Präsentation seiner Werke im Haus Beda in Bitburg gewidmet, und immer wieder sind seine Werke auch in Kunstauktionen zu finden. Verheiratet war Fritz von Wille mit der Tochter des Neuwieder Tabakfabrikanten Schneider, von der anekdotenhaft berichtet wird, sie habe in Notzeiten während des Ersten Weltkrieges und der folgenden Inflationszeit ihren Mann im schönsten Neuwieder Dialekt aufgefordert: „Fritz mole mol, mir han nix mih ze esse!“. Bei seinen Besuchen im Hause Schneider in der Schloßstraße in Neuwied führte es den Maler auch auf der rechten Rheinseite in die nähere Umgebung, wo er weitere Motive für seine Gemälde fand.
Fritz von Wille, Blick in das Wiedtal von der Elisabethhöhe bei Melsbach, 1924, Öl auf Leinwand, Privatbesitz, © Foto: Wolfgang Thillmann
Vor Jahren befand sich ein Werk von ihm mit einer beeindruckenden Ansicht des Hammerstein im Kunsthandel. Neben Ansichten von Altwied und dem Blick von der Elisabethhöhe ins Wiedtal ist in der Ausstellung auch ein Gemälde aus dem Jahre 1892, mit dem Buchbachtal zwischen Rodenbach und Rockenfeld als Motiv, zu sehen. Eine Jagdszene, in der er auch seinen Schwiegervater mit anderen Neuwieder Persönlichkeiten verewigte. Das Gemälde war ein Geschenk des Fürsten Wilhelm zu Wied an seinen Wildmeister Wilhelm Reinhard, dessen Nachfahren es dem Roentgen-Museum als Dauerleihgabe überließen. Noch ganz der Tradition des 19. Jahrhunderts verbunden, lassen doch das Hochformat und die hochgewachsenen Bäume schon den kurze Zeit später beginnenden Jugendstil erahnen.
Im 20. Jahrhundert finden wir mehrere in der Neuwieder Region lebende Künstler, die neben der Portraitmalerei auch mit der dortigen Landschaft vertraut waren und diese als Motive für ihre Kunstwerke wählten. Gustav Bernhard Rüschhoff (1886-1947), eine Neuwieder Malergröße der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hatte an der Münchener Kunstakademie studiert. Zu seinen bevorzugten Motiven zählen Ansichten von Ortschaften und Gebäuden in und um Neuwied, die eher in einer traditionellen Malweise wiedergegeben werden. Mit einem Aquarell des Innern der 1938 zerstörten Neuwieder Synagoge – ein einzigartiges Zeugnis jüdischen Lebens in Neuwied - oder mit Skizzen vom Bau der Neuwieder Rheinbrücke 1935, der trotz früher Initiativen des Neuwieder Bürgermeisters Robert Krups und des Reichstagsabgeordneten Eduard Verhülsdonk von den nationalsozialistischen Machthabern als eigene Leistung propagandistisch herausgestellt wurde, dokumentierte Rüschhoff aber auch die damalige, politisch sehr bewegte Zeit.
Gustav Rüschhoff, Alte Porz in Isenburg, 1928, Aquarell, Tempera, Kohle, Dieter Berninger-Stiftung der Stadt Neuwied, © Foto: Berninger-Stiftung
Der aus Westfalen stammende, in Düsseldorf studierende und zuletzt in Bad Honnef lebende Maler Carlo Mense (1886-1965) gilt als Vertreter des Rheinischen Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit. Einige seiner Werke wurden von den Nationalsozialisten als „entartet“ diffamiert, aus öffentlichen Sammlungen entfernt und vernichtet. Unter seinen Landschaftsgemälden, die sich mehr mit dem Bad Honnef-Bonner Raum beschäftigen, finden wir eine Ansicht des Ortes Bruchhausen mit seiner Wallfahrtskirche, der von dem Wohnort des Künstlers aus leicht zu erreichen war.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich einige in und um Neuwied lebende Künstler dem Neoimpressionismus zugewandt: Karl Bruchhäuser (1917- 2005) und Ewald Robbert (1912-2000). Beide waren Schüler von Oskar Kokoschka (1886-1980) auf der Salzburger Sommerakademie und stark von ihm beeinflusst. Auf den Kunstausstellungen der Mittelrheinregion präsentierten sie neben Portraits vor allem Landschaftsansichten der Neuwieder Region; ebenso wie der Neuwieder Theo Möller (1894-1973) mit seinen fein nuancierten Landschaftsbildern in Öl. Karl Bruchhäuser war 1946 Gründungsmitglied mehrerer Künstlerverbände und veröffentlichte 1948 sein „Manifest an die Kunstschaffenden“, in dem er seine Position als Maler des Gegenständlichen darlegte und sich bewusst vom Weg der abstrakten Moderne abkehrte.
Einer „naturalistisch-expressionistischen“ Malerei, wie der Künstler sie selbst bezeichnete, widmete sich Friedrich Adolf Mildenberger (1925-1987) aus Neuwied, ein Schüler des Koblenzer Malers Hanns Sprung (1884-1948). Gebäude, Straßenzüge und Landschaften im Rheintal, teils mit starken Konturen bzw. Kontrasten versehen, zählten zu seinem Sujet. In der Ausstellung eine ungewöhnliche Ansicht des Neuwieder Schlosses. Ein Aquarell von Linzhausen mit der Burg Ockenfels finden wir aus der Hand des eher für seine beeindruckenden Skulpturen international bekannten, in Düsseldorf wirkenden Bildhauers, Malers und Grafikers Ewald Mataré (1887-1965), einem der wichtigsten Künstler der Klassischen Moderne in Deutschland.
Friedrich Adolf Mildenberger, Schloss Neuwied, um 1980, Acryl, Roentgen-Museum Neuwied, Dauerleihgabe des Landes Rheinland-Pfalz, © Foto: Wolfgang Thillmann
Rhein- und Westerwaldlandschaften im Kreis Neuwied sind beliebte Motive einer Reihe von zeitgenössischen Künstlern: Der in Düsseldorf wirkende, aus dem Westerwald stammende Gerhard Richter-Schüler Hans-Jörg Holubitschka (* 1960) oder die im Westerwald lebenden Maler Gerhard Wienss (* 1939) und Uwe Langnickel (* 1945) entschieden sich bei zahlreichen Werken für die ländliche Heimat als Motiv. Die in der Eifel beheimatete, von der dortigen Felsstruktur faszinierte Grafikerin und Malerin Adelheid Wollinsky (* 1944) oder die von den Formationen der Westerwaldlandschaft beeindruckte Malerin und Bildhauerin Ulla Windheuser-Schwarz (* 1944) geben in ihren Werken eindrucksvoll die Felsformationen des Rheintales, so die Erpeler Ley, den Hammerstein oder die Anhöhen zwischen Rhein und Wiedtal wieder. Die Düsseldorfer Malerin Edith Oellers (* 1957) verwendet die Rheinlandschaft eher als Umrahmung oder als Hintergrund ihrer mit Personengruppen belebten, Geschichten erzählenden Gemälde. Was früher Staffage war, bildet hier den Mittelpunkt. Ihre Mutter, die Linzer Malerin Edith Oellers-Teuber (1923-2015), Ehefrau des Bildhauers Günther Oellers (1925-2011), erinnert mit ihren expressiven Darstellungen mittelalterlicher Burgruinen, hier Ehrenstein, an die spannungsvolle Geschichte solcher Relikte aus früherer Zeit, die auch das Leben der heutigen Menschen entsprechend mitprägen. Der Koblenzer Maler Andreas Bruchhäuser (* 1962), Sohn des Malers Karl Bruchhäuser, ist ein Könner der Pastellmalerei. Wie sein Vater, so ist auch er von der hiesigen Landschaft beeindruckt und könnte als moderner Romantiker bezeichnet werden. Fein gearbeitet, lösen sich seine gegenständlichen Landschaften fast in abstrakte Malerei auf. Bruchhäuser lässt Landschaften erkennen, wie sie ohne seine Kunst so nicht zu sehen wären.
Die jüngste Künstlerin in der Ausstellung ist Andrea Pröls aus Dattenberg. Mütterlicherseits aus einer Schreinerfamilie stammend, nutzt sie für ihre Kohle-Zeichnungen Holz als Untergrund. Von Kind an mit der Rheinlandschaft und den Rheinhöhen bei Linz vertraut, findet sie hier auch ihre Motive, die sie leicht verändert in beeindruckender Stimmung wiedergibt. Studiert hatte sie an der Kunsthochschule in Kassel, wo sie auch ihren Mann, den Bildhauer Josef Pröls, kennenlernte.
Andrea Pröls, Blick auf den Kaiserberg Linz, 2016, Öl auf Leinwand, © Foto: Bernd Willscheid
Die vor allem im Bonn-Kölner Raum wirkende Künstlerin Susanne Krell widmet sich, weg von der gegenständlichen Malerei, der durch Max Ernst bekannt gewordenen Frottage. Abreibungen von historischen Gebäuden entstehen, werden dokumentiert, gesammelt und zu Kunstwerken verarbeitet. Für das Neuwieder Kreishaus fertigte sie im Jahr 2000 ein Kunst am Bau-Relief, das Frottagen von Gebäuden in der Stadt und im Kreis Neuwied enthält. Auf ein historisch oder kulturpolitisch wichtiges Gebäude legt sie Papier oder Leinwand auf, bearbeitet dies mit entsprechender Kreide und nimmt so die Struktur des Gebäudeteiles auf. Von der gegenständlichen Darstellung weg, will die Künstlerin mit ihren Frottagen, einer aus der katholischen Kirche bekannten „Anrührreliquie“ gleich, so ein Stück von einem bedeutenden Ort entnehmen, ohne diesen Ort zu beschädigen. Das Kunstwerk von Susanne Krell bildet den Ort nicht ab, es lebt ihn.
Mit über 70 Kunstwerken lädt des Roentgen-Museum Neuwied zu einem Gang durch die mittelrheinische Kunst- und Kulturgeschichte ein. Auf die Entwicklung der schönen Landschaft, der historischen Ortschaften und Kulturdenkmäler im Landkreis Neuwied in den letzten 200 Jahren möchte es aufmerksam machen.
Der Landkreis Neuwied - Gemälde und Zeichnungen aus 200 Jahren
Ausstellung im Roentgen-Museum Neuwied
Raiffeisenplatz 1a, 56564 Neuwied
22. Mai.-14. August 2016
www.roentgen-museum-neuwied.de
Einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung von Wolfgang Thillmann finden Sie hier: http://www.thillmann-collection.de/panos/Landkreis200data/index.html